Vor 60 Jahren: Die Friedenskirchen-Gemeinde 1958

Seit 1954 gibt die Friedenskirche Gemeindebriefe heraus. Heute blicken wir 60 Jahre zurück und fassen den Jahrgang 1958 zusammen:
50 Jahre Friedenskirche und Einweihung des Gemeindehauses (Nr. 26 Mai/Juni 1958)

Am Pfingstsonntag 1958 feierte die Gemeinde in der bis auf den letzten Platz gefüllten Kirche ihr 50-jähriges Jubiläum, dem eine ganze Gemeindebriefausgabe gewidmet ist. Propst Johannes Geß legte der Predigt das pfingstliche Wort aus Johannes 14,27 zugrunde:

„Den Frieden lasse ich euch, meinen Frieden gebe ich euch. Nicht gebe ich euch, wie die Welt gibt. Eurer Herz erschrecke nicht und fürchte sich nicht.”

Im Anschluss wurden in der Sakristei Glückwunschschreiben auswärtiger Freunde der Kirchengemeinde verlesen. Bischof Wüstemann, selber in der Friedenskirche konfirmiert, gedachte seiner Jugendzeit, die er mit seinen Eltern und Geschwistern im Schatten der Friedenskirchtürme verlebte und sprach seine Segenswünsche aus. Um 17 Uhr vereinte eine musikalische Feierstunde die Gemeinde. Neben auswärtigen Solisten spielte Organist Raßner die – nun dreimanualige – Euler-Orgel und Dirigent Schleiden leitete den Kirchenchor.
Am Erntedanktage, 5. Oktober wurde nach dem Festgottesdienst das Gemeindehaus in einer schlichten Feier eingeweiht. Im Hochparterre bietet der Gemeindesaal Platz für größere Veranstaltungen. Durch solide gearbeitete Faltwände kann dieser Raum zweimal unterteilt werden, so daß der hinter Teil als Konfirmandenraum benutzt werden kann. Daß Untergeschoß wird durch männliche und weibliche Jugendgruppen, Mütterkreis und Frauenhilfe genutzt. Der schmale Raum in der Mitte diente als gemütliche Leseecke der Gemeindebücherei. Auch für Wohnungen wurde gesorgt, wobei diese vorübergehend von Pfarrfamilien aus Kirchditmold und Bettenhausen bewohnt wurden.
Unser Kindergottesdienst (Nr. 28 Sept./Okt. 1958)
Über den Kindergottesdienst ist zu lesen, dass die beschämend kleine Zahl von etwa 60 Kindern regelmäßig teilnimmt. Verbunden mit drei Aufforderungen:

  1. Haltet alle Kinder zum regelmäßigen Besuch an! (Das hieße etwa 30- bis 35mal im Jahr.)
  2. Besucht gelegentlich zusammen mit euren Kindern ihren Gottesdienst, dann wißt ihr, was sie dort hören und durchnehmen; uns Helfern wird ein wenig bewußt, daß man für unseren Dienst Interesse hat; und nicht zuletzt merken eure Kinder, daß man sie nicht in die Kirche schickt, um sie für eine Stunde los zu sein.
  3. Unsere letzte und größte Bitte: Helft uns in unserer Arbeit und löst uns gelegentlich ab: Besonders die Männer bitten wir […] ist de Kindergottesdienst unserer Friedenskirchengemeinde keinem Mann eine Pflicht? […]

Mahnungen zur Karwoche und Himmelfahrt
Gegen den gesellschaftlichen Sittenverfall finden sich im Gemeindebrief immer wieder Mahnungen, wie diese: In der Karwoche oder Stillen Wochen „werden keine Trauungen gehalten, auch wenn das Standesamt Eheschließungen vornimmt.” Oder:
Unsere Neunzigjährigen (Nr. 29 Nov./Dez. 1958)
„Die Dörnbergstraße ist doch eine gesunde Straße! Viele Gemeindeglieder in hohen Jahren, die wir dort begrüßen dürfen. Vielleicht liegt das hohe Alter unserer „Dörnberger” auch an der guten Nachbarschaft, die der Gemeindepfarrer in dieser Straße stets hat beobachten dürfen. In jüngster Vergangenheit, am 24. August 1958, war es Herr Rentner Nikolaus Weißhaar, Dörnbergstraße 17, dem wir gratulieren durften; und in nächster Zukunft, nämlich am 1958, hoffen wir unserem Meister Wilhelm Gries, Dörnbergstraße 19, mit herzlichen Segenswünschen die Hand schütteln zu dürfen. Herr Malermeister Gries ist in den tätigen Kreisen unserer Gemeinde wohl bekannt und geliebt. Im Jahre 1894 hat er in Bebra den evangelischen Jünglingsverein gegründet. Und den kirchlichen Traditionen seiner Jugend ist er treu geblieben auch in den langen Jahrzehnten, die er nun schon in Kassel seinen Hausstand hat. Über 40 Jahre ist er in unserem Kirchenchor – nebst anderen Chören – gewesen; über 15 Jahre Mitglied unserer Kirchenvorstandes und nun Ehrenmitglied. Als wir nach dem bösen Ende des letzten Krieges unsere Friedenskirche wieder aufbauten, hatte Meister Gries die Ausmalung unserer Kirche übernommen. 48 Jahre hatte er ein eigenes Geschäft, seit einigen Jahren lebt er im Ruhestand. Nach wie vor nimmt er tätigen Anteil am Leben  unserer Gemeinde, hilft als Gottesdienstordner und vieles andere mehr. Wirr hoffen ihn noch oft in unserer Kirche zu grüßen und wünschen ihm und seiner Lebensgefährtin einen weiteren geruhsamen, schönen Lebensabend.”
Gleichstellung (Nr. 24 Jan./Feb. 1958)

Der Gottesdienst zum Weltgebetstag der Frauen am 21. Februar ist der erste von einer Pfarrerin in der Friedenskirche gefeierte Gottesdienst. Mit der Ankündigung von „Frau Pfarrer Stehfen“ war der Gemeindebrief seiner Zeit etwas voraus. Erst im Jahr 1962 sollte ein landeskirchliches Gesetz zum Amt der Pfarrerin in Kraft treten. Seit 1949 war in Kurhessen-Waldeck ein Amt für ordinierte Vikarinnen geschaffen wurden. Mehr zur Geschichte kurhessischer Pfarrerinnen lesen Sie hier.
Mehr zum 65. Geburtstag des Küsters, Reformationsabend und Gemeindeausflug erfahren Sie in den Gemeindebriefen Nr. 24 bis 29 Jg. 1958. Bisher sind folgende Jahresberichte erschienen:

Titelbild: Ausschnitt aus den Hess. Nachrichten vom 26. Sept. / 5. Okt. 1958