Vor 60 Jahren: Die Friedenskirchen-Gemeinde 1956

Seit 1954 gibt die Friedenskirche Gemeindebriefe heraus. Heute blicken wir 60 Jahre zurück und fassen den Jahrgang 1956 zusammen:

Kirche Jesu Christi der Heiligen der letzten Tage (Nr. 12 Jan./Feb. 1956) 

Bereits im Jahr 1956 gingen in Kassel Mormonen „werbend von Haus zu Haus“. So berichtet es der Gemeindebriefschreiber und fragt: „Warum soll man es sich nicht wenigstens anhören […]? […] Was haben sie zu bieten?“ Das Fazit fällt dann ernüchternd aus und endet mit einem Wortwitz: „Wie bei den ‚Zeugen Jehovas‘ mündet die Zukunftsschau im Tausenjährigen Reich aus. Christus wird dann seine Scharen um sich sammeln, natürlich in USA, im Staate Missouri“. „Woher will man das alles wissen? Aus Inschriften der Ureinwohner Amerikas auf goldenen Platten, dem ‚Buch Mormon‘, die vor 125 Jahren eingewisser Joseph Smith in den USA gefunden, entziffert und übersetzt haben will. […] Diese goldenen Platten sind zu uns platt.“

Dietrich Bonhoeffer (Nr. 13 Apr./Feb. 1956)

Obwohl die Kasseler Friedenskirche eher durch ausgesprochene Nähe zum Nationalsozialismus aufgefallen war, wird in dieser Ausgabe der lutherische Theologen Dietrich Bonhoeffer geehrt. 1956 waren drei Pfarrer an der Friedenskirche tätig, über den erst 1947 hinzugekommen Dr. Martin Schüler und seine Vergangenheit ist wenig bekannt. Woldemar Kost (1931-1961/63), dessen 25-jähriges Dienstjubiläum in der Nr. 16 Sept./Okt. 1956 geehrt wird, befürwortete deutlich den Nationalsozialmus. Einerseits trat er am 1. Mai 1933 in die NSDAP und vorübergehend bei den Deutschen Christen ein. Die Bekennende Kirche kritisierte er auch noch nach 1945 und wurde von der Spruchkammer als Mitläufer eingestuft. Andererseits taufte und konfirmierte er auch “nichtarische Christen” und positionierte sich damit als “Alternative” zu Ferdinand Blazejewski in Kirchditmold. Dieser war der einzige kurhessische Pfarrer, der 1945 aufgrund seiner nationalsozialistischen Vergangenheit seines Amtes enthoben wurde. Pfarrer Carl Jagnow (1937-1960), Mitglied der SA-Reserve und auch kurzzeitig im Fronteinsatz, unterstützte zwar eine “Reinigung” des neuen Testaments von “jüdischen” Begriffen, wurde aber trotz Nähe zum Nationalsozialsmus von der Spruchkammer freigesprochen.

Zurück zu Dietrich Bonhoeffer, dessen Schriften „Widerstand und Ergebung“ sowie „Auf dem Weg zur Freiheit“ im Gemeindebrief auch als Konfirmationsgeschenk empfohlen werden. „Diese Bände geben unserer jungen Gemeinde Zeugnis von dem Geist und von der Kraft, mit denen der Kampf der Kirche gegen den totalitären Staat geführt wurde“. Auf Bonhoeffer und die Bekennende Kirche trifft dies sicherlich zu, nicht aber auf die gesamte Institution.

Unsere Kirchenfenster sind fertig gemalt (Nr. 15 Juli/Aug. 1956)

„Kirchenmaler Reinhold, Sohn des Pfarrers Reinhold, der in früheren Jahren in Bettenhausen amtiert hat, hat nun unsere Kirchenfenster fertig gemalt. Zu Pfingsten waren auch die Fenster an der Nordseite, eine Stiftung der Konfirmanden des Jahrganges 1956, vollendet. Die Lutherrose an diesem Fenster möchte Konfirmanden und Gemeinden an die unverlierbare reformatorische Botschaft erinnern, von deren Verpflichtung die Liedverse der ersten Seite dieses Briefes finden.“Gemeint ist das heute (zurecht?) wenig bekannte Lied „Wach auf, wach auf, du deutsches Land“ (EG 145), das früher unter der Rubrik „Für Volk und Vaterland“ im Evangelischen Kirchengesangbuch (EKG) die Nummer 390 hatte. „Die Fester der Südseite, schon früher fertiggestellt, weisen auf den Quell unseres Leben, den Weinstock Christus. So ergänzen sich beide Bilder. Auch in der Farbgebung, die symbolisch wie auch in Rücksicht auf den verschiedenartigen Sonneneinfall auf den beiden Seiten der Kirche verschieden getönt ist, ist eine gute Ergänzung festzustellen, die dem sonst noch nicht farbig gestalteten Kirchenraum eine sakral-festliche Note verleiht.“

Dann findet sich auch noch dieses Hinweis im Heft: „Beiliegendes Blatt bitte nicht wegwerfen! Es enthält wichtige Aufklärung! Gefärrliche Irrlehrer am Werk“. Leider hat der Buchbinder den Hinweis ignoriert und das einligende Blatt ist daher nicht überliegert.

Mehr zum Kindertagesheim in der Dingelstedtstraße am „Tannenwäldchen“ und zu den Neuerwerbungen der Bürerreich erfahren Sie in den Gemeindebriefen Nr. 12 bis 17 Jg. 1956. Bisher sind folgende Jahresberichte erschienen:

Titelbild: