„Gibt keine schönere Kirche“

An der Kirche, in der er 30 Jahre lang gearbeitet hat, kann Matthias Meißner sich nicht sattsehen: der Friedenskirche im Vorderen Westen. „Es gibt keine schönere“, sagt der evangelische Pfarrer mit einer Mischung aus Selbstbewusstsein und Dankbarkeit.

Wenn man mit ihm im Kirchenschiff sitzt und den Blick über die großformatigen Bilder und die farbigen Wände schweifen lässt, gerät er ins Schwärmen: über den

Pfarrer Matthias Meißner in der Friedenskirche (mit freundlicher Genehmigung der HNA)

raumbestimmenden Terrakottaton, der ein warmes Willkommen ausstrahlt, über das Blau, das aus der Decke einen Himmel macht, über die Gemälde und die goldene Wand hinter dem Altar als „spirituelles Zentrum der Kirche“.

Die künstlerische Neugestaltung des Kircheninneren Ende der 1990er-Jahre war für Matthias Meißner, der die Planungen begleitete, einer der Höhepunkte seiner Zeit in der Gemeinde. Diese geht nun zu Ende: Am Sonntag wird der 64-Jährige im Gottesdienst verabschiedet.

Der gebürtige Kasseler, der in Bad Arolsen Abitur machte, kehrte nach dem Theologiestudium in seine Heimatstadt zurück. Nach Vikariat an der Jakobuskirche im Eichwald und einer ersten Pfarrstelle in der Neuen Brüderkirche im Wesertor kam er 1991 an die Friedenskirche. Im Pfarrhaus an der Olgastraße sind die drei Söhne der Familie aufgewachsen. Seine Frau Susanne hat Matthias Meißner mit 16 Jahren kennengelernt; seit 41 Jahren ist das Paar verheiratet. Kontinuitäten prägen also Meißners Leben.

In seinem Berufsleben waren ihm vor allem „die Basics“ wichtig, wie er sagt: achtsam gefeierte Gottesdienste, die Arbeit mit Konfirmanden und der Religionsunterricht in der Schule. An der Albert- Schweitzer-Schule wird er weiterhin einige Stunden unterrichten. Auch seelsorgerisch bleibt er über den Ruhe- stand hinaus aktiv – in einem Ehrenamt. Beides Belege dafür, wie gern Matthias Meißner seine Arbeit gemacht hat. Gerade in der Seelsorge kam ihm seine ruhige und besonnene Art zugute. Für Geburtstagsbesuche bei älteren Gemeindemitgliedern nahm er sich gern Zeit, ebenso investierte er mitunter viel Rechercheaufwand in die Vorbereitung von Trauerreden: Jeden Menschen persönlich zu würdigen und „nochmal im Licht des Evangeliums zu sehen“, war ihm ein Anliegen – egal, wie viele Gäste die Beerdigung hatte.

Nicht gleichgültig war es dem Pfarrer, dass die Zahl der Gottesdienstbesucher im Lauf der Jahre spürbar gesunken ist, zuletzt beschleunigt durch die Pandemie. Die heute rund 3300 Mitglieder zählende Gemeinde war zu Beginn seiner Dienstzeit doppelt so groß. Die Apostelkapelle als zweiter Gottesdienstort wurde kürzlich aufgegeben. An einem gewöhnlichen Sonntag predigte Meißner zuletzt oft vor 20 bis 25 Menschen. „Das tut schon weh“, sagt er. Frustriert habe es ihn aber nicht: „Auch mit zehn Menschen Gottesdienst zu feiern, kann ein beglückendes Erlebnis sein.“ Wer heute und in Zukunft in die Kirche gehe, tue das nicht aus Tradition, sondern „mit einem hohen Grad an Motivation und Bewusstheit“, sagt der scheidende Pfarrer. Das beobachte er auch an den Konfirmanden.

Veränderungsprozesse und Abschiede seien immer schmerzhaft, sagt Meißner. Aber damit verbunden seien auch Aufbruch und Neuanfang. „Erstmal gibt es einen Moment der Leere, den man aushalten muss.“ So weiß der 64-Jährige auch, mit dem eigenen Abschied umzugehen. „Ich werde mich nicht langweilen“, sagt er mit einem Lächeln. Dafür werden auch seine Freude am Wandern, Klettern, Radfahren und Volleyballspielen sorgen sowie die Familie, zu der inzwischen zwei Enkel zählen.

HINTERGRUND

Lutherisches Statut

Voraussichtlich zum November soll die Stelle von Matthias Meißner neu besetzt wer- den. Zwei Bewerbungen gibt es, der Kirchenvorstand wird demnächst entscheiden. Das lutherische Statut der Friedenskirche sieht dabei vor, dass immer die Gemeinde ihren Pfarrer/Pfarrerin auswählt. In anderen Gemeinden der Evangelischen Landeskirche passiert das im Wechsel: Bei der Besetzung einer Stelle wählt einmal die Gemeinde aus, beim nächsten Mal Bischöfin oder Bischof. Die lutherischen Wurzeln zeigen sich auch im Gottesdienst: In der Friedenskirche wird dabei immer Abendmahl gefeiert.

Im Gottesdienst am Sonntag, 17. Juli, 10.30 Uhr, wird Pfarrer Meißner in der Friedenskirche verabschiedet.

Mit freundlicher Genehmigung der HNA (Artikel und Foto)