Selbsterklärung der AG „Frieden & Ökumene“ zum Israel-Palästina-Konflikt

Seit Jahren arbeitet die AG Frieden & Ökumene an kontroversen Themen, beispielsweise zum Israel-Palästina-Konlikt. Eine Selbsterklärung:

Frieden und Ökumene trägt unsere Arbeitsgemeinschaft der Gemeinde der Evangelischen Friedenskirche Kassel im Titel. Arbeit in der Ökumene und für die Ökumene bedeutet für uns, dass wir uns am Runden Tisch der Religionen in Kassel beteiligen, wo Mitglieder der in unserer Stadt beheimateten Religionsgemeinschaften sich treffen, sich kennenlernen, gemeinsam feiern und soziale Projekte durchführen. Es bedeutet, dass wir uns kontinuierlich mit Mitgliedern der sunnitischen Mevlana-Moschee treffen, uns über unseren Glauben austauschen, gemeinsam Einrichtungen unserer Stadt besuchen.
Arbeit für den Frieden heißt für uns, dass wir die jährliche Ökumenische Friedensdekade mit vorbereiten, dass wir für den Frieden beten, dass wir uns kritisch mit Fragen der Militärpolitik und der Waffenproduktion auseinandersetzen, dass wir Geflüchtete unterstützen, die hoffen, hier in unserem Land in Frieden leben zu können. Arbeit für den Frieden hat in den letzten Jahren auch bedeutet, dass wir uns mit dem Unfrieden im Nahen Osten auseinandersetzen, insbesondere mit den Konflikten zwischen Israelis und Palästinensern. Mitglieder der Arbeitsgemeinschaft haben Israel und Palästina besucht. Immer wieder haben wir jüdische und muslimische Israelis, muslimische und christliche Palästinenser zu öffentlichen Veranstaltungen eingeladen, die für Frieden und ein friedliches Zusammenleben der Völker in ihrer Heimat kämpfen. Ihre Initiativen wenden sich gegen die Politik der israelischen Regierungen der letzten Jahre.

Infostand der AG Frieden & Ökumene im Stadtteilzentrum Vorderer Westen

An diesem Punkt erreicht uns Kritik: Wisst ihr nicht, dass jede Kritik an einer Regierung, die sich als jüdische Regierung, an einem Staat, der sich als jüdischer Staat deklariert, Wasser auf die Mühlen der Antisemiten darstellt? Seht Ihr nicht, wie (auch) in Deutschland antisemitische Hetze und Pöbeleien zunehmen, wie in der Öffentlichkeit stehende Juden mit Mord bedroht werden, wie tatsächlich antisemitischer Geist wieder zu Morden führt?
Müssen wir uns also für unsere Veranstaltungen rechtfertigen? Müssen wir uns rechtfertigen, wenn wir Verletzungen des internationalen Rechts und der Menschenrechte z.B. durch die israelische Siedlungspolitik anklagen? Ja, das müssen wir – so unangenehm es sich anfühlen mag, den Kampf für etwas Positives immer und immer wieder mit einer Selbsterklärung zu beginnen. Als Christen müssen wir uns rechtfertigen, weil der über Jahrhunderte gepredigte Antijudaismus die Grundlage bildete für den sich im neunzehnten Jahrhundert ausbildenden Antisemitismus. Als Deutsche müssen wir uns rechtfertigen, weil im deutschen Namen Juden zum Feind erklärt, entrechtet und millionenfach ermordet wurden.
Also: Lieber schweigen, um nicht (von unseren jüdischen Mitbürger*innen) missverstanden und von Antisemiten missbraucht zu werden? Das können wir nicht. Wir leben in einer Welt. Der israelisch-palästinensische Konflikt bietet das Futter für Krisen im gesamten Nahen Osten. Die von uns hier in Deutschland gewählte Regierung beeinflusst in vielfältiger Weise die Situation in Palästina und die Politik in Israel. Wir wissen auch, dass israelische und palästinensische Friedensinitiativen nur überleben können, wenn sie international sichtbar sind, auch in Deutschland. Frieden und Ökumene (als Verständigung über religiösen Grenzen hinweg) sind die Zielbegriffe, nach denen unsere AG ihren Namen hat. Frieden und Ökumene bilden daher auch die Grundlage für unseren Kontakt zu Aktivisten in Israel und Palästina; unsere Gäste, die uns über ihre Erfahrungen berichten, waren und sind stets solche, die für Frieden in ihrer Heimat mit gewaltlosen Mitteln kämpfen. Das bedeutet, dass für uns kein Zweifel am Existenzrecht Israels und am Recht der Palästinenser auf Selbstbestimmung besteht.