Am 16. und am 30. Januar spielt Juergen Bonn Orgelmusik zum Abendläuten an der Bosch-Orgel der Friedenskirche. Jeweils nach dem Glockengeläut um 18 Uhr erklingt Kassels zweitgrößte Orgel. Wir sprachen mit Juergen Bonn, der seit Januar 2014 25 Jahre Kantor an der Friedenskirche ist und im Gottesdienst am 19. Januar geehrt wird.
Herr Bonn, Sie spielen seit bald 25 Jahren in der Friedenskirche an der Orgel. Auch hauptberuflich beschäftigen Sie sich mit Orgelmusik. Worin besteht Ihre Tätigkeit?
Nach meiner Zeit als hauptamtlicher Kirchenmusiker in Hamburg zog es mich im Herbst 1988 wieder in meine Geburtsstadt Kassel zurück. Seitdem bin ich beim Musikverlag Bärenreiter im Lektorat tätig. Als Verlagslektor begleite ich den Publikationsprozess für das gesamte Programm des Verlages im Bereich Orgelmusik. So bin ich der Ansprechpartner für die Autoren. Am Anfang steht immer die inhaltliche Prüfung von Manuskripten. Die Entstehung einer Publikation begleite ich dann bis zur Veröffentlichung. Im Schnitt dauert dieser Prozess 8 bis 9 Monate. Natürlich arbeite ich parallel immer an mehreren Projekten, die sich in verschiedenen Produktionsstadien befinden. Der Beruf eines Lektors ist anspruchsvoll. So muss ich immer auch die Zielgruppe im Auge behalten und Markttrends frühzeitig erkennen. Was sind die Bedürfnisse von Organisten, was erwarten diese vom Bärenreiter-Verlag? Da ist es von Vorteil, dass ich nicht nur musikwissenschaftlich tätig bin, sondern auch praktizierender Organist.
Als Experte für Orgelmusik können Sie uns doch kurz erklären worin die Unterschiede der beiden Orgeln in der Friedenskirche und der Apostelkapelle bestehen?
Es gibt keine Einheitsorgel. Jede Orgel ist ein individuelles, speziell für den Kirchraum gebautes Instrument. Die Marcussen-Orgel in der Apostelkapelle ist natürlich kleiner als die Bosch-Orgel in der großen Friedenskirche. Die Marcussen-Orgel hat einen kammermusikalischen Klang und ist auf die Epoche des Barock ausgelegt. Auf ihr können auch vorzüglich Werke aus der Zeit vor Johann Sebastian Bach dargeboten werden. Die Bosch-Orgel ist der Friedenskirche ist hingegen vornehmlich für die Musikepoche der Romantik disponiert. Damit hat die zweitgrößte Kasseler Orgel eine herausgehobene Stellung in der nordhessischen Orgellandschaft. Sie ist als Konzertorgel auch für „große Orgelliteratur“ geeignet und stilistisch in der Region einzigartig.
Am 05., 12. und 19. Dezember, den nächsten Donnerstagen, erklingt adventliche Orgelmusik zum Abendläuten. Sie bieten jedes Mal ein reichhaltige Programm dar. Nach welchen Kriterien stellen Sie Ihr Programm zusammen?
Der Leitsatz bei Orgelmusik lautet: Welche Stilistik kommt dem Instrument am überzeugendsten entgegen? Die dargebotene Musik geht in der Friedenskirche stark in den konzertanten-sinfonischen Bereich. Stilistisch ist die Zusammenstellung eine Herausforderung. Sie soll abwechslungsreich sein, auch um verschiedene Zielgruppen anzusprechen: schnell / langsam, meditativ, aber auch prächtig. Neben dieser freien Orgelliteratur gibt es auch liturgische Orgelmusik mit klarer Thematik passend zur Kirchenjahreszeit zu hören, die anlassbezogen beispielsweise zur Passionszeit gespielt werden kann.
Wie steht es um die weitere Konzerttätigkeit der Orgelmusik in der Friedenskirche?
Ich kann verraten, dass es 2017 zum 25. Orgeljubiläum ein größeres Konzert geben wird.
Vielen Dank für das Gespräch!
// Das Interview führte Lukas Kiepe.
Zur Person Juergen Bonn:
– Geboren am 28.09.1951 in Kassel
– Studium der Schul- und Kirchenmusik (A-Examen) in Detmold, Köln, Hamburg und Lübeck; Studium der Musiktheorie, Musikwissenschaft und Soziologie in Hamburg
– 1988 Lektor für Orgelmusik im Bärenreiter-Verlag, Kassel
– Dienstbeginn in der Friedenskirche Kassel: 01.01.1989
– 18. November 1989: erstes Orgelkonzert in der Friedenskirche Sonntag
– 03. Dezember 1992: Einweihungskonzert der neuen Bosch-Orgel
– 1997 Einspielung der CD „Sinfonisches Orgelportrait“ (Werke u.a. von Lemmens, Reger, Franck)
– Diverse Konzertätigkeiten
– 2003: Mitwirkung als Interpret der CD „Hörbar Ökumenisch“ im Rahmen des Ökumenischen Kirchentages in Berlin
– 05. Februar 2006: Verleihung der „Philipp-Nicolai-Medaille“ durch den Bischof unserer Landeskirche Prof. Dr. Martin Hein
– Ab 2007: Gestaltung der wöchentlich stattfindenden „Orgelmusik zum Abendläuten“
– Seit dem 01.01.2014 25 Jahre Organist an der Friedenskirche Kassel